Samstag, 16. November 2013

Keine Anhalter mitnehmen

Ich stehe noch ganz neben mir. Am Dienstag hatte dieser Blog fast 1000 (!!) Aufrufe - und das an einem einzigen Tag!!! Vielen Dank, dass es so viele Menschen gibt, die sich für unser Abenteuer interessieren. Okay, das war wohl eine Ausnahme, weil The American Dream ein bisschen Werbung gemacht hat, aber wir haben uns trotzdem sehr darüber gefreut. Auch über das Feedback, welches in den letzten Wochen enorm zugenommen hat. Beispielsweise haben wir Hilfe von einem wildfremden Menschen angeboten bekommen, der uns Kontakte für die Wohnungssuche vermitteln kann.
Ach ja, zu Markus' Kommentar bezüglich Behinderung möchte ich nochmals das Projekt "Kein Widerspruch", an dem Pat teilgenommen hat, erwähnen. Hierzu gibt es auch noch einen Bericht bei YouTube von afk tv. Hier in den USA wurde Pat bisher kaum auf seine Behinderung angesprochen. Wenn, dann aus Interesse und nicht, weil man ihm aufgrund seiner Behinderung nichts zutraut.

Am vergangenen Dienstag haben wir eine E-Mail von The American Dream erhalten, dass unsere Greencards angekommen sind. Da die Zusendung an uns wohl bis zu zwei Wochen dauern kann, wir aber noch keine feste Bleibe haben und uns nicht sicher sind, ob wir den Empfang per Unterschrift bestätigen müssen, lassen wir sie erst einmal in Berlin liegen. Bis dahin haben wir ja noch unsere Reisepässe mit Visa und Stempeln. Danach hat uns zwar die letzten Wochen keiner mehr gefragt, obwohl wir sie auf Anraten einiger Freunde immer brav mitnehmen, wenn wir uns z. B. in der Nähe der mexikanischen Grenze aufhalten. In den südlichen Teilen des Landes - wie z. B. in Tucson finden häufiger Kontrollen statt - und da wir ja tatsächlich typisch mexikanisch aussehen, müssen wir ja beweisen, dass wir keine illegalen Einwanderer sind...

Letzte Woche Mittwoch, nachdem wir einen Teil unserer Sachen bei unserem netten Vermieter in die Garage gestellt hatten, ging es durch die Wüste auf nach Arizona. Es war bereits um 5 Uhr nachmittags kalifornischer Zeit stockdunkel. So haben wir nicht viel von der Wüstenlandschaft um uns herum gesehen. Irgendwann haben wir, so dachten wir, Blitze gesehen und vermuteten ein Gewitter. Ein paar Tage später haben wir in der Zeitung gelesen, dass ein Meteoritenschauer über Teilen Kaliforniens, Arizonas und Utahs zu sehen war. Das muss es wohl gewesen sein. Kurz vor der Grenze zwischen Kalifornien und Arizona fuhren wir auf ein hell erleuchtetes Areal zu. Wie wir kurze Zeit später den Schildern am Straßenrand entnehmen konnten, handelte es sich um ein Staatsgefängnis. Auf den Schildern stand geschrieben "state prison next exit" und "do not pick up hitchhikers". Irgendwie makaber. Wahrscheinlich habe ich zu viele schlechte Filme gesehen oder zu oft "Aktenzeichen XY" angeschaut. Ich hatte ein bisschen Schiss, dass vor uns auf der Straße plötzlich ein entflohener Häftling mit der geladenen Kanone stehen könnte. Es ist aber nix passiert! Trotzdem schön, dass die Türen der Autos hier automatisch ab einer Geschwindigkeit von 15 Meilen pro Stunde verriegeln.

Die Fahrt auf der I-10 war zwar lange aber irgendwie entspannend. Nur als dann unsere Tankanzeige aufleuchtete, wurde es mir wieder kurz anders. Wir hätten doch vor der Wüste noch einmal tanken sollen. Aber "hätte, hätte, Fahrradkette", jetzt war es nunmal zu spät. Also haben wir unsere schlaue App gefragt und fanden dann noch eine Tankstelle fast direkt an der Autobahn. Dort haben wir für $3,29 getankt - was für Arizona recht teuer war, aber wir waren ja die Benzinpreise von Kalifornien gewöhnt... Was uns sofort auffiel war die bessere Beschaffenheit der Straßen in Arizona - im Gegensatz zu Kalifornien. Pat meinte, die Straßen in Arizona kämen ja fast an die "German Autobahn" heran. Wir wurden in Tempe sehr lieb von Kat, Will und deren Hundies empfangen und verköstigt. Nach stundenlangem Quatschen sind wir dann erst nach Mitternacht ins Bett bzw. auf die Luftmatratze.

Am Donnerstag nach dem Frühstück sind Pat und ich ein bisschen in Tempe rumgefahren und haben uns in der Arizona Mills, einer Einkaufsmall umgeschaut. Gruselig war, dass fast überall Weihnachtsmusik lief und es auch schon weihnachlich dekoriert war. Können die nicht noch ein bisschen warten? Hier beschweren sich viele Leute, dass sie das auch erst nach Thanksgiving (letzter Donnerstag im November) haben möchten. Wir kennen das in Deutschland auch, dass man das erst nach dem Totensonntag macht. Aber naja, der Einzelhandel hat seine eigenen Gesetze...
Wir haben uns in einem teuren Möbelgeschäft nur mal ein bisschen umschauen wollen. Da wurden wir gleich von mehreren Verkäufern angequatscht. Den ersten vertrösteten wir, der zweite stellte uns sogleich seiner Kollegin namens Dee vor, die sich um uns kümmern sollte. Dee war sehr nett und als wir ihr unsere Geschichte erzählt hatten, war ihr schon irgendwie klar, dass sie bei uns nichts verkaufen würde - jedenfalls nicht an diesem Tag. Sie ließ uns alleine rumschauen und fragte uns immer mal zwischendurch, ob wir etwas erklärt haben möchten. Wir haben uns dann von ihr verschiedene Matratzen vorführen lassen. Nach ca. zwei Stunden Probeliegen auf Matratzen mit Massagefunktion und auf Sesseln, die man nach hinten umklappen kann, damit man es beim Fernsehschauen besonders gemütlich hat sind wir ohne etwas zu kaufen wieder gegangen. Sie hat uns ihr Kärtchen mitgegeben und meinte, wenn wir uns für ein Leben in Tempe oder Umgebung entscheiden sollten, sollen wir doch nocheinmal auf sie zurückkommen. Ach ja, wir bekamen an diesem Tag auch den Mietvertrag für eine der Wohnungen, für die wir uns beworben hatten durch unsere Maklerin übermittelt. Dieser war aber nicht akzeptabel. Der Vermieter wollte von uns, dass wir beispielsweise die Schuhe in der Wohnung ausziehen, nie länger als eine Woche Besuch bekämen, es sei denn, wir würden ihn vorher fragen, dass er immer Zutritt zu unserer Wohnung erhalten kann und für jeden Schlüssel ein Duplikat haben möchte usw. Er hatte einen fünfzehnseitigen Mietvertrag formuliert. Das Ärgerlichste an der ganzen Angelegenheit war aber, dass unsere Maklerin, die uns ja vertritt erst auf die illegalen Abschnitte im Mietvertrag aufmerksam wurde, nachdem wir es ihr gesagt hatten. Dann meinte sie auch noch, wir müssten diesen Vertrag annehmen, da wir ja sonst keine Möglichkeit hätten in unserer Situation. Wir erklärten ihr, dass wir, selbst wenn der Vertrag geändert werden sollte, ganz bestimmt nicht bei diesem Typen einziehen werden. Wer weiß, was der sich dann noch einfallen lässt, wenn wir schon drin sind... Also geht die Wohnungssuche weiter, denn von den drei anderen Wohnungen haben wir keine bekommen, eine war schon anderweitig vermietet, bei der zweiten wollte der Vermieter 3 Monatsmieten im Voraus und zusätzlich eine doppelte Kaution, was wir nicht einsahen. Von der dritten haben wir nichts mehr erfahren, nur soviel, dass die Maklerin, die noch zwischen unserer Maklerin und dem Vermieter hängt, sich nach unserem Background erkundigt hat. Karin und Horst haben uns angeboten, dass wir erst einmal bei ihnen wohnen können. Sie haben noch eine kleine Wohnung oben im Haus.

Am Freitag ging es nach Tucson. Claudia, die dorthin ausgewandert ist, hat uns geraten, uns dort mal umzuschauen, weil dort die Wohnungsmieten nicht so hoch wären und es sich auch sehr schön leben lassen würde. Wir schauten uns dann ein paar Wohnungen an. Leider gab es auch hier verschiedene Sachen, die wir nicht wirklich mitmachen wollten. Wir hätten z. B. einen Mietvertrag für ein Jahr abschließen sollen. Bei Abschluss des Vertrages unter einem Jahr würde die Monatsmiete gestaffelt höher ausfallen. Das waren dann aber schon fast kalifornische Verhältnisse. Nachdem wir ein leckeres Steak gegessen hatten, sind wir am Abend wieder zurück nach Tempe gefahren.

Am Samstag rief uns die Maklerin noch einmal wegen dem illegalen Mietvertrag an. Was ist bitte so schwer zu verstehen, wenn wir sagen, dass wir den Mietvertrag mit diesem Typen auf keinen Fall eingehen werden??? Ein "Nein" sollte in den USA genauso wie in Deutschland als ein "Nein" verstanden werden und nicht etwa als ein "Vielleicht" oder ein "Wir überlegen es uns noch".

Wir haben am Nachmittag bei Kat in der Arbeit vorbeigeschaut. Sie arbeitet in einem Burgerladen in dem es auch leckere Eiskrem gibt. Für den Rest des Tages waren wir satt. Wir haben nichts mehr gegessen... Wir sind dann noch ein bisschen in Tempe rumgecruist und haben uns umgesehen, ob wir hier vielleicht ein schönes Häuschen für uns finden würden. Es gab eine gewisse Auswahl. Arizona ist eine Option. Wir wollen es aber auf jeden Fall erst noch einmal in Kalifornien versuchen... Auch wegen der Temperaturen. Wenn es schon im November so heiß ist, wie sollen wir das im Sommer aushalten???

Ausgeschlafen sind wir am Sonntag, da Kat und Will beide frei hatten, zum späten Frühstück aufgebrochen. Anschließend waren wir in einem Geschäft für Angler- und Jagdbedarf. Was es dort alles zu kaufen gibt...
Angelruten für Mädchen
Klopapierrollenhalter
Hot Sauce für das BBQ

Nachmittags sind wir ein bisschen in Downtown-Phoenix spazieren gegangen. Abends ging es dann zum Mexikaner zum Essen. Wir haben uns eine Margarita dazu gegönnt. Mmmmh... Am Montag sind wir dann noch mit Kat in einer zweiten Mall einkaufen gewesen. Endlich habe ich ein großes amerikanisches Portemonnaie, wo auch die ganzen Karten reinpassen. Und wir waren bei Barnes & Noble, das ist ein Buchladen ähnlich wie Hugendubel. Dort hätte ich Stunden verbringen können...
Am Abend haben wir im heimischen Garten Barbecue gemacht. Zum Abschluss gab es noch einen Verdauungsschnaps. Dienstag sind wir dank Kat gut gestärkt zurück durch die Wüste gefahren. Wir haben jeweils noch einen riesigen Shake mit Eiskrem und Peanutbuttercups bzw. Erdbeeren als Wegzehrung bekommen. Das war auch notwendig. Es war so heiß (knapp 100° F), dass wir spätestens alle zwei Stunden anhalten mussten um uns ein wenig im Schatten zu erfrischen. Nächstes Mal werden wir wieder im Dunkeln fahren. Im Nachhinein war das nämlich die bessere Variante. Im Hellen erscheint das Ironwood State Prison auch nicht so gruselig - ist ja langweilig...
Zwischenstopp in der Wüste



Goodbye Kat & Will, Goodbye Tierra, Summer und Cooper... Wir kommen wieder!!!


Tierra
Summer
Cooper


Nachdem wir die Wüste hinter uns gelassen und wieder in der Zivilisation angekommen waren, haben wir unsere Koffer in Carson abgeholt, nochmal einen kurzen Abstecher zum Shopping für Karin in Alpine Village gemacht und uns dann über die vollgepackte I-405 nach Camarillo gemacht. Am Abend haben wir dann unser neues Domizil bezogen und von Karin ein paar "Bütterchen" geschmiert bekommen.

Song of the day: EAV - Fata Morgana

2 Kommentare:

  1. Schaut euch doch mal in San Diego um. Dort ist auch noch jemand hingezogen.
    Eine junge Frau aus Deuschland hat einen Blog die dort hingezogen ist. Sie arbeitet als Deutsch Übersetzerin für Spiele.
    Über San Diego liest man im Internet viel gutes.

    Gruß aus Deuschland (Lippetal)

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