Sonntag, 20. Oktober 2013

SSN und Oktoberfest

Am Donnerstag haben wir es tatsächlich getan. Wir waren beim Social Security Office um unsere SSNs (Sozialversicherungsnummern) zu beantragen. Als wir um 8:30 Uhr hinkamen, standen nur etwa 10 Leute da. Eine Mitarbeiterin klebte Schilder in unterschiedlichen Farben auf den Boden. Ich fragte Pat was da wohl drauf steht. Er meinte, ich solle doch mal vorgehen und schauen. Das tat ich dann auch. Auf dem ersten stand "appointment" - also Termin, auf dem zweiten stand - ihr dürft mal raten: YES - "application social security number - new" - der Rest hat mich nicht mehr wirklich interessiert. Kurz darauf kam ein Sicherheits-Mann - sah aus wie Eddie Murphy in dick und kasperte da rum. Er fragte die Anwesenden, wegen was sie da sind und sie sollten sich doch bitte in je einer Reihe hinter dem jeweiligen Schild aufstellen. Die Leute waren total brav und taten das auch. Ich stelle mir das gerade vor, wenn die Kunden, die in meiner früheren Arbeitsstätte (deutsche Behörde) vorsprachen sich genauso benommen hätten. Dann wäre da echt Zucht und Ordnung drin gewesen. Ich erinnere mich noch gut, wenn wir die Leute vor dem tatsächlichen Warten in der Wartehalle nach ihrem Anliegen gefragt haben. Man konnte teilweise froh sein, dass sie einem nicht in's Gesicht gesprungen sind, weil sie ja schon vor dem Beratungsschalter in einer Schlange stehen mussten...

Als wir dann hinein durften (es war ca. 15 Minuten vor 9 - Öffnungszeit war 9 Uhr), half uns eine nette Dame an einem Info-Computer auszuwählen, was wir wollten und dann kam der entsprechende Bon mit der Wartenummer raus. Unsere Nummer war glaub ich die vierte mit einem A davor. Wir setzten uns also hin und warteten. Währenddessen füllten wir unsere Anträge aus. Das war nicht schwierig aber ich muss immer aufpassen beim Schreiben der Daten (nicht wie wir es aus Deutschland kennen Tag/Monat/Jahr sondern Monat/Tag/Jahr). Wir hörten als die A147 durchgesagt wurde (durch Mikrofon und noch mal von einem der Sicherheitsleute wiederholt durch die Wartehalle gebrüllt). Die nächste Nummer mit A war dann die A149 - wir hatten die A148. Was war da los? Pat meinte, die hätten bestimmt gesehen, dass wir noch die Formulare ausfüllten und würden dies vielleicht berücksichten. Er ging dann trotzdem zu der Mitarbeiterin am Nummerngeber und sie sagte, sie werde das gleich klären. Wir kamen dann nach ca. 5 weiteren Nummern doch noch dran. Die Prozedur war ziemlich unspektakulär, doch eines haben wir hier bei den Behörden festgestellt: Die USA ist ja ein Einwanderungsland bestehend aus verschiedensten Rassen und Völkern. Aber wenn man an eine Autoritätsperson asiatischer Herkunft gerät, dann muss man als Weißer (oder Europäer?) echt aufpassen. Die Dame hinter dem Schalter war uns gegenüber nicht nur reserviert oder zurückhaltend sondern einfach nur unfreundlich - genau wie die Dame bei unserem ersten Besuch beim SSO, die uns gleich wieder weggeschickt hat. Schade eigentlich. Die Sachbearbeiterin machte Dienst nach Vorschrift ohne Lächeln oder Zwischengeplänkel. Als Pat dann nochmal nachfragte, da wir ja aufgrund des Government Shutdown über zwei Wochen "Verspätung" hätten, ob sie uns die Nummer schon einmal im Voraus mitgeben könne, wehrte sie sofort ab und sagte, dass das nicht möglich sei, weil die Nummer durch den Computer im Zufallsprinzip vergeben werde. Wir haben aber schon gehört, dass dies sehr wohl möglich gewesen ist bei anderen Auswanderern, dass diese nur die tatsächliche Social Security Card erst später erhielten. Ich habe dann als sie fertig war mit der Eingabe unserer Daten nochmal nachgefragt, aber auch dann kam dieselbe schnippisch-kurze Antwort von ihr. Wir müssten uns gedulden, die Karte käme innerhalb der nächsten zwei Wochen per Post. Und tschüss. Kein Lächeln keinen guten Tag, nix. Bei der DMV (das ist die Zulassungs- und Führerscheinstelle), wo wir vor zwei Wochen waren, konnte uns die Dame auch nicht wirklich weiterhelfen. Sie war jedoch nett und entschuldigte sich für die uns entstandenen Unannehmlichkeiten, dass wir noch keinen Führerschein hier machen konnten ohne die SSN. Es geht auch anders. Das war übrigens eine Afroamerikanerin...

Danach haben wir eine sehr sehr nette Erfahrung gemacht. Es ist immer gut, wenn man Leute kennt, die wissen, wie der Hase läuft und einem weiterhelfen können. Wir haben jemanden kennengelernt, der wiederum über viele Kontakte verfügt und uns eventuell bei der Suche nach Job, Auto und Wohnung weiterhelfen kann. Als erstes hat er uns einen Kontakt zu einem Mobiltelefonverkäufer vermittelt, hat ihn angerufen, ihm von unserer Problematik erzählt und am nächsten Tag hatten wir unser erstes amerikanisches Cellphone (so heißt das Handy hier) mit Vertrag. Dies war ja auch problematisch wegen nicht vorhandener SSN und ID-Card. Dann hat er uns noch ein paar sehr gute Tipps zum Autokauf und dazugehöriger Versicherung gegeben. Außerdem gab er uns die Nummer seines Versicherungsagenten. Den hat er auch gleich angerufen und ihm von unserer Geschichte erzählt. Ach ja, jobtechnisch meinte er, wir könnten ja vielleicht in seiner Firma anfangen, wenn wir alles andere erledigt hätten. Super!

Wir haben uns anschließend - beflügelt von der Hilfe in Form von Tipps und Kontakten - auf den Weg zu zwei Wohnungsbesichtigungen gemacht. Leider nicht sonderlich erfolgreich in Bezug auf das was wir für den Mietpreis angeboten bekamen. Aber die Suche hat ja erst angefangen. Der lange Weg zurück nach Hause hat uns nur wieder bestätigt, dass wir so schnell wie möglich ein neues Zuhause im nördlicheren Teil Südkaliforniens finden müssen.

Am Freitag ging es dann wieder einmal zu Erica weil wir noch ein paar Fragen bezüglich der Kreditkarte hatten. Den Antrag für meine Kreditkarte haben wir dann auch gleich noch gestellt, da Pat's Kreditkarte ja bereits bestätigt wurde. Sie ist zwar noch nicht da, aber er hat noch einen Brief bekommen, dass er approved ist. Laut der Sofortauskunft auf Erica's Bildschirm bekomme auch ich eine unsecured Kreditkarte. Sie war ganz von den Socken. Das hätte sie in 15 Jahren noch nicht erlebt, dass Leute, die gerade erst ein Konto eröffnet haben sofort eine unsecured Kreditkarte bekämen. Und dann auch noch wir beide! Unbelievable. Sie erzählte uns dann noch ein paar nette Anekdötchen von ihrem Trip auf die Queen Mary in Long Beach, die während der Halloween-Saison als Geisterschiff fungiert.
Dann sind wir zu besagtem Telefonverkäufer gefahren und Pat hat sein erstes amerikanisches Smartphone bekommen. Bis wir richtig etabliert sind, reicht uns auch das eine. Wenn wir dann "normal" leben, werde ich mir auch eines anschaffen - dann aber bitte mit Hello-Kitty-Schale...

Dank eines Tipps sind wir noch bei Carmax vorbeigefahren. Das ist eine Firma, die gebrauchte Autos in ganz USA verkauft. Die Autos haben eine bestimmte Qualität und bekommen eine Art Gütesiegel verpasst - so heißt es. Wir sind skeptisch, ob der Mehrpreis, den man im Gegensatz zu "einfachen" Gebrauchtwagenhändlern hier bezahlt, auch wirklich mehr bedeutet... wir sind jedenfalls etwas ernüchtert wieder gegangen, denn eine Finanzierung ist ohne SSN sowieso nicht möglich. Wir möchten das Auto aber gerne finanzieren, weil wir ja unsere Credithistory aufbauen möchten. Man lässt uns aber (erstmal) nicht...
Danach haben wir uns noch in einen Park gesetzt und unser mitgebrachtes Sandwich gegessen. Dabei rannten mal wieder jede Menge Eichhörnchen um uns rum. Das war schön - wie Urlaub.
Als wir abends nach Hause kamen, habe ich versucht, Kartoffelbrei ohne Stampfer zu machen - das war eine Pampe. Ich bin froh, wenn ich meine eigene Küche mit meinen eigenen Helferleins (damit meine ich die Utensilien, nicht dass jemand meint, ich schnappe jetzt über und träume schon von Personal) habe...

Für Samstag hatten wir drei Besichtigungstermine für Wohnungen. Wie das hier sehr oft üblich ist, gibt es "Open House", dabei kann man während einer bestimmten Zeitspanne ohne Termin das Haus, die Wohnung anschauen. Dies haben wir bei den drei Objekten gemacht. Das erste Haus war zwar sehr modern und schön - ohne Teppich, mit Holzfußboden und tollen Einbaugeräten (Waschmaschine, Trockner, Spülmaschine, Riesengasherd, Mikrowelle) aber viiiieeel zu kleinem Schlafzimmer. Da hätte höchstens ein Queenbed reingepasst. Wir brauchen aber Kingsize. Außerdem hatte es keinen abgetrennten Garten, nur ein kleines Stückchen Grün vor der Haustür.
Das zweite Haus war soooo süß, mit einem eigenen abgetrennten Stück Garten - ideal für Ernst. Auch die Eigentümer, zwei total nette junge Männer in den 40ern, die das Haus vor dem Abriss gerettet und komplett renoviert haben, waren total nett. Mit denen hätten wir uns bestimmt gut verstanden. Aber wir müssen zugeben, dass wir unsere Sachen, die wir aus Deutschland mitbringen und die Mitte November per Schiff kommen dort niemals untergebracht hätten (das Häuschen war nur um die fünfzig Quadratmeter groß). Und um sie in die Garage zu stellen hätten wir sie ja nicht mitnehmen müssen. Schade. Heute haben wir abgesagt. Das nächste Haus käme eventuell in Frage. Aber die derzeitigen Mieter sind noch drin und haben ein ziemliches Chaos. Ich konnte mir das nicht so ganz vorstellen, wie das ohne den ganzen Kram aussieht... We'll see... Auch der Vermieter war nicht so wirklich toll.

Danach sind wir noch ein wenig rumgefahren und haben uns weitere Objekte von unserer Liste aus Westside Rentals von außen angeschaut. Eines hat uns so gut gefallen, dass wir gleich für heute einen Termin für eine Besichtigung ausgemacht haben. Dazu aber später mehr. Dann sind wir noch zu einem Autohändler gefahren um uns ein Auto, welches im Internet angepriesen wurde, anzuschauen. Michael, der Verkäufer war zwar freundlich aber ein wenig komisch. Als er unsere Geschichte hörte, meinte er, wir könnten das Auto ohne kalifornischen Führerschein nicht Probe fahren, aber wenn wir wollen, könnten wir es gleich cash bezahlen und dann die Probefahrt machen - ja, ist klar. Autohändler wieder... Total geflasht und mal wieder etwas ernüchtert sind wir nach Hause gefahren. Für heute waren wir mit einem deutschstämmigen Freund in Anaheim im Phoenix Club auf dem Oktoberfest. Er möchte, dass wir hier möglichst schnell Fuß fassen und stellte uns einigen Leuten vor. Klar, wir sind gerade dem "wahren" Oktoberfest entkommen und mochten es nie sonderlich, aber wenn es darum geht, Networking zu betreiben, ist uns jede Location recht.

Also sind wir heute nach Anaheim (das ist da, wo Mickey Maus zuhause ist) gefahren. Es war sehr lustig. Gleich am Eingang hatten sie ein Riesenschild mit "Licher Oktoberfest" - als wenn es auf dem Oktoberfest Licher Bier zu trinken gäbe... Ach ja, es gab auch Warsteiner und Köstritzer, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Natürlich gab es auch Paulaner und Spaten und jede Menge lustige Leute in Lederhosen und Dirndl. Es spielte eine deutsche Band Lieder von den Kastelruther Spatzen bis hin zum Fliegerlied von Tim Toupet. Witzig ist, dass der Phoenix Club mit "Traditional Oom Pah Pah bands" wirbt. Ich hoffe, die denken jetzt nicht alle, dass wir nur solche Musik hören in Deutschland... Der andere Teil denkt, wir hören nur Rammstein...
Pat udn ich haben jeweils eine Bratwurst mit Kartoffelsalat gegessen. Das hat richtig gut geschmeckt. O-Ton meines Mannes: "Das muss ein deutscher Metzger gewesen sein, der die Wurst hergestellt hat. Sie hat so geschmeckt, wie wir sie kennen." Und der Kartoffelsalat war bayerisch mit Öl, Essig, Speck und Zwiebeln. Nicht schlecht! Ach ja, wir haben noch ein paar nette Leute kennengelernt. Unser Netzwerk vergrößert sich. Wir wurden jedem vorgestellt als "Alex und Pat from Germany. They are looking for a job, a car and a place to live". Damit wäre alles gesagt.

Heute Nachmittag haben wir uns dann leider schon früh wieder verabschieden müssen weil wir ja noch das besagte Haus anschauen wollten. Es befindet sich gleich in einer Seitenstraße vom Sunset Boulevard - nah an allem dran aber in sehr ruhiger Lage. Und die Vermieterin war auch sehr nett - sie wohnt im Vorderhaus. Dieses Haus käme eventuell in Frage für uns. Damit wir den Weg nicht nur wegen eines Objektes machen, haben wir gleich noch einen Termin ausgemacht mit Tara. Sie erzählte uns von dem Vorleben des Hauses. Es wäre zwar groß genug aber die Gegend und die Nachbarschaft - ist ja dasselbe... Auch hier war die Vermieterin wieder sehr nett und wäre am unkompliziertesten von allen bisher. Aber die Gegend... Und die beiden Schlafzimmer waren mit Teppichböden... Also weitersuchen...

Danach sind wir noch zu einem mexikanischen Restaurant bei uns um die Ecke. Das Essen war sehr lecker und reichlich. Da haben wir gleich mal nach ein paar Boxes gefragt. Das ist hier normal. Die stehen schon parat bei den Restaurants. Und Pat und ich haben uns eine Strawberry Margarita geteilt... mmmh lecker...

Song of the day heute zum Aussuchen:
Tim Toupet - Fliegerlied (So ein schöner Tag) oder Heino - Rosamunde

(sind wir ein wenig Phoenix-Club-geschädigt?)

1 Kommentar:

  1. Octoberfest im Phoenix Club..... Daran kann ich mich auch noch erinnern (wir waren dort mal mit unserem Motorradclub). Uebrigens ist Jaeger(meister) hier sehr beliebt. Naechstes Mal kannst Du ja ne Runde Jaeger springen lassen, dann hast Du gleich doppelt so viele Freunde ;)
    Druecke Euch weiterhin die Daumen, dass das mit der Wohnung bald klappt.
    VG aus OC California
    Tanja

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