Mittwoch, 16. April 2014

Wir sind hier nicht in der Schwarzwaldklinik...

Ich hatte ja bereits einmal in einem früheren Post erzählt, dass wir hier, da wir unter eine bestimmte Einkommensgrenze fallen, Medicaid erhalten. Diese Form der medizinischen Versorgung heißt in Kalifornien "Medi-Cal". Da Pat aufgrund seiner Behinderung nicht nur einen Schwerbehindertenparkausweis sondern auch noch Ermäßigung bei Strom, Gas und Telefonrechnungen in Form der Erstattung der Umsatzsteuer erhält, benötigte er eine Bescheinigung eines autorisierten amerikanischen Arztes aus welcher hervorgeht, dass er schwerbehindert ist. Wir haben zwar von den deutschen Behörden sowohl sämtliche Schwerbehindertenbescheide als auch eine Bescheinigung in englischer Sprache, aus welcher hervorgeht, dass Pat schwerbehindert ist. Da wir uns aber nicht sicher waren, ob dies genügt, wollten wir uns die Bestätigung des amerikanischen Arztes holen. Daher waren wir Mitte Februar bereits einmal in einer Klinik, in welcher Pat zuerst verstrahlt wurde und dann auch noch Blut hergeben musste. Für die weitere Behandlung musste Pat dann zwei Wochen später noch einmal in die Klinik. Dann sollte er auch seine Bescheinigung für die Steuerbehörde bekommen. Bei seinem ersten Termin, wie ich ja vor einigen Wochen berichtete, war kein "richtiger" Arzt da, der ihm die Bescheinigung unterschreiben konnte.

Als wir uns am Eingang anmeldeten, sagte uns die sehr unfreundliche Krankenschwester (oder Arzthelferin), dass die Ärztin, bei der Pat seinen Termin haben sollte, kurzfristig krank geworden sei und sein Termin somit geplatzt wäre. Er könne aber ohne Termin trotzdem warten. Witzigerweise rief ihn einen Tag vor dem Termin eine Mitarbeiterin der Klinik an, um den Termin zu bestätigen. Natürlich konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass die Ärztin am nächsten Tag krank sein würde, doch einen weiteren Anruf um den Termin abzusagen, hätten sie ja am Morgen schon machen können, oder? Wir kamen uns jedenfalls ein bisschen veräppelt vor. Schließlich hatte ich mir einen Tag frei genommen, was wir uns ja eigentlich nicht leisten konnten. Also warteten wir im "Wartezimmer der Verrückten" bis Pat endlich an der Reihe war. Um uns rum saßen nur Leute mit Mobiltelefonen beschäftigt oder welche, die sich über drei Reihen hinweg auf Spanisch unterhielten. Nachdem die eine spanischsprechende Frau aufgerufen wurde, fing die andere ebenfalls an, mit ihrem Telefon zu spielen. Sie rief bei ihrer Krankenkasse an und stellte das Telefon auf laut, sodass wir alle mithören konnten. Leider haben Pat und ich nicht viel verstanden, da alles auf Spanisch ablief. Wäre eventuell interessant gewesen... Als wir nach knapp zwei Stunden immer noch nicht dran waren, gingen wir zu einer der Schwestern und komischerweise, als wir noch bei ihr standen, wurde Pat aufgerufen. Er wurde schnell durchgecheckt (Größe, Gewicht, Blutdruck, Temperatur - das machen die hier wohl bei jedem Arztbesuch). Danach wurden wir in ein Behandlungszimmer geschickt und saßen dort nochmals für mindestens zehn Minuten bis eine weitere "halbfertige" Ärztin hereinkam um uns auf Nachfrage, warum wir eigentlich da wären, natürlich keine Bescheinigung mitgeben konnte, da sie nicht unterschriftsbefugt sei. Sie versprach uns, nachdem ich etwas lauter wurde, weil wir unsere Zeit ja schließlich auch nicht gestohlen hatten, dass sie sich um das Schreiben kümmern würde und wir es innerhalb der nächsten Woche abholen könnten. Man muss dazu sagen, dass es hierfür keinen Vordruck gab sondern ein eigentständiger Dreizeiler geschrieben werden musste. Außerdem meinte sie, dass sie die Blutergebnisse und die Röntgenaufnahmen mit Pat besprechen könne, damit wir nicht ganz umsonst da gewesen wären. Er habe einen Vitamin-D-Mangel. Pat fragte, was er dagegen tun könne - im Normalfall rät ein Arzt einem in so einem Fall, bestimmte Lebensmittel zu meiden bzw. gerade zu sich zu nehmen oder aber irgendwelche Lebensgewohnheiten zu ändern. Sie antwortete, dass er sich ja in einer Drogerie ein Vitamin-D-Präparat "over-the-counter" (nicht verschreibungspflichtige Medikamente) besorgen könne. Schon krass, oder? Ich dachte mir dann, dass Vitamin D ja in Milch bzw. in Milchprodukten vorhanden ist. Also riet ich als Nicht-Medizinerin meinem Mann dazu, dass er in Zukunft mehr Milch und Milchprodukte zu sich nehmen soll - zumal die Milch hier zusätzlich mit Vitamin D3 angereichert wird. Ob das eine Auswirkung darauf hat, dass sie schneller sauer wird? Uns sind nämlich schon zweimal Milchkanister sauer geworden. Hier wird die Milch, die man gallonenweise kaufen kann aber auch nicht so behandelt wie in Deutschland (pasteurisiert, homogenisiert, ultrahocherhitzt - ich weiß nicht genau, was davon hier durchgeführt wird und was nicht), was ihre Haltbarkeit erheblich verkürzt. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass man 3,78 Liter zu zweit nicht so schnell ausgetrunken hat. Ramon komm zurück!

Zurück zur Klinik: Als nach über einer Woche noch kein Anruf bei uns eingegangen war, rief Pat noch einmal dort an um sich nach dem Sachstand zu erkundigen. Die Schwester verwies ihn gleich auf den nächsten Tag, dann wäre die zuständige Ärztin (bei der er zwar den Termin hatte, die er aber noch nie gesehen hatte) auch im Haus. Also rief er am nächsten Tag wieder an. Mit dem Ergebnis, dass bisher keine Bescheinigung geschrieben wurde und die Ärztin das nur bestätigen könne, wenn sie Pat persönlich sehen würde. Da Pat am Donnerstag ohnehin einen Termin für ein Jobinterview hatte, für den ich mir schon freigenommen hatte, fragte er, ob er an diesem Tag vorbeikommen könne. Dann könne ihn die Ärztin ja persönlich sehen. Er fragte auch, warum denn soviele unterschiedliche Aussagen gemacht werden und die Assistenzärztin, Ärztin im Praktikum oder wie auch immer man sie nennen mag, ihm dann zugesichert hatte, es würde genügen, dass sie ihn gesehen hatte und ja auch die Röntgenbilder (es waren übrigens genau 13 Aufnahmen) gemacht wurden. Dies konnte ihm leider niemand beantworten...

Am Donnerstag Nachmittag, nachdem Pat seinen Interviewtermin bei der Hertz Autovermietung hatte - die sich übrigens bis heute, nach gut vier Wochen, noch nicht gemeldet haben, obwohl zugesagt - ging es dann für uns weiter zu unseren Freunden von der Klinik. Eine sehr nette Mitarbeiterin am Check-in schickte uns in die Abteilung der besagten Ärztin. Wir könnten ruhig warten, es seien nur zwei Patienten vor Pat dran. Wir haben uns dann wieder einmal zwei Stunden um die Ohren geschlagen und es kam wieder nichts dabei heraus, da die Ärztin Pat nicht sehen wollte! Warum sie ihn nicht sehen wollte, konnten wir nicht so ganz verstehen. Die Arzthelferin oder Krankenschwester (ich blicke da nicht so ganz durch) gab uns dann einen Ausdruck mit, der sämtliche Untersuchungen, die sie an Pat vorgenommen hatten, bestätigte. Da stehen alle Befunde drauf. Das geht doch die Steuerbehörde nichts an... Irgendwann meinte sie dann, sie könne uns ja die Bescheinigung, die wir bei unserem ersten Besuch zur Vorlage beim DMV erhalten haben, nochmal kopieren und mitgeben. Es kann doch wohl nicht sein, dass keiner in der Lage ist, einen Zwei- oder Dreizeiler zu verfassen, der lediglich bestätigt, dass Pat eine Behinderung hat, die außerdem auch noch offensichtlich ist. Sie hätten solch ein Schreiben noch NIE verfasst und wenn wir keinen Vordruck dafür hätten, könnten sie nichts für uns tun. Dann kam der beste Vorschlag von allen: Wir könnten die deutsche Bestätigung über Pat's Schwerbehinderung auf Englisch übersetzen lassen und mitbringen, dann könnten sie bestimmt etwas davon übernehmen. Super Idee! Die Übersetzung des Bescheides vom Münchner Versorgungsamt würde uns einen höheren zweistelligen Betrag kosten. Wofür wurden dann bitteschön all die Untersuchungen gemacht??? Pat wurde verstrahlt, wir saßen insgesamt mindestens sechs Stunden in den Wartezimmern der Klinik, damit wir eine Übersetzung des deutschen Bescheides in der Klinik vorlegen um dann dort eine Bestätigung eines amerikanischen zugelassenen Arztes zu erhalten?

Wir ließen uns dann die Röntgenaufnahmen aushändigen und werden nicht nochmal in diese Klinik gehen - nur im allerschlimmsten Notfall. Wir haben nun seit Anfang April eine andere zuständige Klinik innerhalb unseres Krankenversicherungsplans. Hoffentlich benötigen wir diese Klinik nicht, denn wenn die Mitarbeiter dort genauso drauf sind, dann gute Nacht. Da soll sich noch mal einer über das deutsche Gesundheitssystem beschweren... Wie gesagt, für den Notfall sind wir ja versorgt... Hoffentlich passiert und so schnell nichts...

Übrigens haben wir nun besagte englischsprache Bestätigung aus Deutschland sowie die Bestätigung für den Schwerbehindertenparkausweis vorgelegt. Mal sehen, ob das reicht. Wir sind mal gespannt, was dabei herauskommt... Ich werde berichten...

Song of the day: Thompson Twins - Doctor Doctor

3 Kommentare:

  1. Also, Vitamin D3 wird vom Körper selbst gebildet, falls man ohne Sonnenschutzmittel, bereits der Lichtschutzfaktor 8 verhindert die Bildung in der Haut, öfter für eine Stunde in die Sonne geht. In dieser Zeit kann man schon 30.000 Einheiten aufnehmen, was der Gesundheit sehr positiv zugute kommt.

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  2. Stimmt, danke Marta, das haben wir bei unseren Recherchen dann auch herausgefunden. "Wir Deutschen" haben oft das Problem, nicht genug Sonne abzubekommen, das holen wir aber jetzt hier in California nach...

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  3. Oje, um das Thema Krankenversicherung müssen wir uns in der ersten Zeit in der wir noch keinen Job haben auch noch kümmern. Ich habe mich schon ein bischen eingelesen und einen kleinen Schock bekommen weil viele Begrifflichkeiten ja absolut neu für uns Deutsche sind da komplett anderes System. Außerdem gab es gefühlt 1000 private Anbieter mit 1000 unterschiedlichen Zuzahlungspaketen :-/ Wir fliegen jetzt vorab 3 Wochen nach San Diego um schon mal einiges zu organisieren bevor im Oktober rübergehen und ich werde versuchen jetzt mal einen Termin mit einem Versicherungsvertreter zu machen, damit ich wenigstens mal die Begrifflichkeiten erklärt bekomme. Evtl. wäre ja Medicaid auch was für uns? Vielleicht könntet ihr da mal eine Post drüber machen mit euren Erfahrungen bis jetzt. Liebe Grüße

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