Außerdem ist der Alltag bei uns eingekehrt und es passiert nicht dauernd etwas Neues. Aber über das, was unseren Alltag in den letzten Wochen so ausmacht, wollte ich heute ein bisschen berichten.
Seit ca. 7 Wochen arbeitet Pat nun schon im Lager einer Firma, die für Events (Feiern wie Hochzeiten, Geburtstage, Feiern im Filmbusiness, große Firmenfeiern etc.) Geschirr, Deko und Möbel verleiht. Er füllt dort z. B. Salz- und Pfefferstreuer auf, poliert Kerzenständer und Geschirr. Wir haben schon unsere Witzchen darüber gemacht - "vom Tellerwäscher zum Millionär" - wer weiß, an der Lotterie nehmen wir hier auch regelmäßig teil. Mit einem Dollar pro Kästchen kann man derzeit über 80 Millionen Dollar gewinnen.
Auch ich habe für drei Tage in derselben Firma als Tellerwäscherin gearbeitet. Ich war in einer Gruppe mit ca. 10-15 Frauen und habe Gläser poliert und schmutziges Geschirr gespült. Da die Frauen bis auf eine ausschließlich der spanischen Sprache mächtig waren, habe ich am zweiten Tag - im wahrsten Sinne des Wortes - das Handtuch geworfen. Ich konnte mich nicht verständigen und die Frauen haben auf Spanisch auf mich eingeredet. Ich habe dann irgendwann auf Deutsch geantwortet. Als sie erfuhren, dass ich "aleman" bin, haben sie mich gleich nach "Hitler" gefragt und ihn als "mal" bezeichnet. Komisch, den kannten sie...
Ich bin dann wieder zurück in den kleinen deutschen Laden - auch German Deli genannt - und stehe dort hauptsächlich hinter der Wurst- und Käsetheke, schneide Wurst und Käse, mache Sandwiches und zeichne Waren aus. Wir haben eine gute Vielfalt an deutschen Produkten. Aber Pat und ich sind dafür noch nicht lange genug weg aus Deutschland, um die höheren Preise zu bezahlen. Also verzichten wir darauf, Kinderriegel für beispielsweise 7,95 Dollar zu kaufen. Man muss natürlich dazu sagen, dass die Waren alle über einen Zwischenhändler aus Deutschland importiert werden. Es fallen Transportkosten und natürlich auch Zölle an. Daher sind die Preise entsprechend hoch. Zwei lustige Sachen muss ich noch erzählen: Ich mache Sandwiches. Man kennt ja eine gute Leberwurst oder Aufschnitt (Wurstsorte mit U - Uffschnitt). Eines unserer beliebtesten Sandwiches ist ein "Mixed Cold Cuts". Hier kommen drei verschiedene Varianten der typisch deutschen Wurst drauf. Grundsätzlich kann man auch andere Wurstsorten wie Schinken, Salami oder aber auch Headcheese (wird je nach Region als Presskopf, Schwartenmagen oder Sülze bezeichnet) oder "richtigen" Käse auf sein Sandwich bekommen. Wir legen auf ein solches Sandwich sage und schreibe ein Viertel eines amerikanischen Pfundes, entspricht etwa 113 Gramm Wurst. Es gibt Menschen, die sagen, sie bekämen davon eine sogenannte Maulsperre. Es gibt aber Kunden, die wünschen die doppelte Menge an Wurst. Ich kann es nicht fassen. Davon würden Pat und ich mindestens eine ganze Woche unsere Mittags-Brote belegen...
Ach ja, in der vorletzten Woche hat jemand Pat's Lunch geklaut. Ich
mache ihm morgens immer ein paar belegte Brote - so wie wir das aus
Deutschland kennen, mit ein bisschen Käse oder Salami - und damit meine
ich ein paar Scheiben pro Brot. Das ist den amerikanischen und mexikanischen Kollegen wohl exotisch und verführerisch vorgekommen. Die essen Burritos oder eben solche fetten Sandwiches wie oben beschrieben zum Mittag. Seit dem Brotklau haben wir jetzt Pat's Lunchtüte folgendermaßen gekennzeichnet: "¡¡NO TOCAR!!" - was auf Spanisch soviel heißt wie "nicht anfassen!!"
Das mit dem umgekehrten Ausrufezeichen weiß ich noch aus meinem Spanisch-Unterricht in der 11. Klasse - ¡Gracias Señor Gaar!
Pat arbeitet von Montag bis Freitag jeweils von sieben Uhr bis halb vier. Ich fahre ihn morgens immer zur Arbeit und hole ihn am Nachmittag wieder ab. Ich arbeite von Dienstag bis Freitag jeweils von 9 bis 6 Uhr (unterbrochen durch die knappe Stunde, wenn ich Pat abhole) und Samstag von 8 bis 5 Uhr. Der Sonntag ist uns somit heilig. Er ist unser einziger gemeinsamer freier Tag. Den genießen wir auch richtig. Wir schlafen lange, was bedeutet, dass Pat bereits um 7 Uhr aufsteht. Da er unter der Woche ja nur bis 5 Uhr schlafen kann, ist das lange für ihn. Ich drehe mich dann meistens nochmal um und schlafe bis 9 Uhr. Wir frühstücken dann schön gemütlich. Manchmal bringe ich ein bisschen was aus dem Laden mit (z. B. ne leckere Schwarzwälder Salami oder Nussschinken). Man gönnt sich ja sonst nichts - und das stimmt auch. Aber wir genießen unser Leben hier, das unserer Meinung nach entspannter ist, da wir hier viele schöne Dinge, die nichts kosten, erleben. Wir können z. B. einfach vor die Tür gehen und haben das allerschönste Wetter. Okay, manch einer würde bei über 30 Grad im Schatten und verspäteten Santa-Ana-Winden eventuell sagen, es sei zu heiß, doch wir ziehen dieses Wetter einem regnerischen und kalten Wetter in Deutschland vor. Wir können z. B. zum Strand fahren, wenn wir wollen - und Zeit haben. Das dauert vielleicht 20 bis 30 Minuten (je nach Verkehrslage). Gestern waren wir bespielsweise mal wieder am Venice Beach. Einfach mal die gute Meeresluft einatmen - unbezahlbar!
On the beach... |
Song of the day: The Bangles - Manic Monday
Ich drücke euch die Däumchen, dass es für euch weiter so gut läuft.
AntwortenLöschenLG aus München,
Kerstin.
Ich lese immer wieder gerne die Berichte aus dem fernen Land.
AntwortenLöschenIch schicke auch liebe Grüße aus dem vollen KVR München.
Manuela Varga