Sonntag, 28. September 2014

Ein Jahr ging schnell vorüber...

Wir sind jetzt genau ein Jahr in unserer neuen Heimat. Ich weiß noch genau, wie wir ankamen, mit unseren 6 Koffern, von denen 3 es nicht gleich mit uns geschafft hatten. Wie wir am LAX erstmal unsere Greencards aktivieren mussten, danach unseren Mietwagen abgeholt und zu unserer vorläufigen Bleibe gefahren sind.
Am Abend lagen wir auf dem Bett, weil wir doch etwas geschlaucht waren. Pat meinte gestern, er lag dort und hat sich Gedanken gemacht, ob das alles so richtig ist und was passieren würde, wenn es doch nicht klappt mit unserem Traum.

Dann nach zwei Tagen die erste Ernüchterung: Government Shutdown

Wie ich ja schon genügend berichtet habe, hat dieser unsere komplette Planung etwas durcheinander gebracht. Und die Tatsache, dass unser Nachmieter die Ablöse für unsere fast neuen Möbel (noch immer) nicht bezahlt hat, uns damit ein höherer 4-stelliger Eurobetrag für unseren Neustart fehlte, hat das Ganze auch nicht entspannter gemacht.

Die Anfangsschwierigkeiten bezüglich Wohnungs-, Auto-, Arbeitssuche haben uns noch lange beschäftigt.

Jetzt können wir folgende Bilanz ziehen:

Wir haben nach einer langen, ergebnislosen und frustrierenden Suche dank Marly unsere jetzige Wohnung gefunden. Hier ist nicht alles super, aber für die erste Wohnung in den USA kann man nicht meckern. Wir haben noch zwei Monate, dann läuft unser Jahresvertrag ab und wir können monatlich raus. Wir werden uns dann auch auf die Suche nach einer neuen Bleibe begeben.

Da wir uns kein teureres Auto leisten konnten, uns aber auch nicht so wirklich mit gebrauchten Autos auskennen, fiel uns der Autokauf sehr schwer. Daher hatten wir insgesamt acht verschiedene Mietwagen in den ersten acht Monaten. Das hatte natürlich den Vorteil, ein paar verschiedene Autos zu testen, was dann die Wahl des Autos erleichterte. Im Mai haben wir dann endlich ein Auto geleast und sind glücklich, dass wir ein sehr spritsparendes und schönes Fahrzeug erwischt haben. Da es neu ist und auch alle Garantien hat, brauchen wir uns über Verschleiß nicht wirklich Gedanken zu machen. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 31 Meilen pro Gallone können wir uns nicht beschweren, Eine Tankfüllung kostet je nach Spritpreis (im Moment glücklicherweise wieder etwas niedriger, bei $ 3,45 pro Gallone) ca. $ 35 bis $ 40 Dollar und damit kommen wir ca. 350 Meilen weit.

Die Jobsuche war bis jetzt das heikelste Thema. 
Gott bzw. Patricia sei dank, dass sie mich sofort auf das Jobangebot in Form eines kleinen Papierzettels im deutschen Tante-Emma-Laden aufmerksam gemacht hat. Ich fing dort im Februar an, verkaufe deutsche Lebensmittel und stehe hinter der Wurst- und Käsetheke. Ich brauche von zuhause bis zur Arbeit ca. 10 Minuten und habe ungefähr eine Meile zu fahren. Eigentlich habe ich ja eine Ausbildung im öffentlichen Dienst. Ich hatte mich ja auch schon beim DMV beworben. Dem Platz, der hier so beliebt ist wie das Kreisverwaltungsreferat in München. Die Auswahlverfahren hier ziehen sich sehr lange hin. Allerdings habe ich, nach einigen persönlichen Erfahrungen vor Ort (Führerschein, Schwerbehindertenplacard beantragen) und da ich eine Zeit lang dort fast jeden Tag auf dem Weg von oder zu Pat's Arbeit vorbeigefahren bin und um 7 Uhr morgens schon lange Warteschlangen gesehen habe, mich dagegen entschieden, dort wirklich arbeiten zu wollen. Den Wahnsinn hatte ich in München 12 Jahre lang... Übrigens läuft nächste Woche meine Beurlaubung ab. Dann bin ich offiziell nicht mehr im deutschen öffentlichen Dienst beschäftigt.
Ich suche jetzt einen Job im Büro der auch gerne etwas kreativ sein darf. Natürlich muss auch das Gehalt stimmen. Also, wer was weiß im San Fernando Valley, kann sich gerne bei mir melden.

Pat hat im März nach langem Hin und Her in der Firma, in welcher Horst's Sohn Albert gearbeitet hat, im Dishroom angefangen. Nach nunmehr sechs Monaten Geschirr und Besteck polieren, Salz- und Pfefferstreuer auffüllen und ähnlicher anspruchsvoller Tätigkeiten hat er aufgrund einer Verletzung und der somit eingeschränkten Arbeitsfähigkeit dort aufgehört. Da die Projekte in seinem neuen Job, für den er ja bereits im Juli unterschrieben hatte, vor drei Wochen anfingen, war das auch kein Problem. Nun arbeitet er von zuhause aus und übersetzt Untertitel für US-amerikanische TV-Serien ins Deutsche. Ich darf ihm dabei auch behilflich sein, kann somit auch teilweise von zuhause aus arbeiten. Kleiner Nebeneffekt: Wir müssen mal wieder denken beim Arbeiten.

Die Bekanntschaft der mittelamerikanischen Kollegen von Pat möchten wir auf gar keinen Fall missen. Erst wenn man weiß, unter welchen Umständen so mancher von denen lebt bzw. gelebt hat, kann man erst verstehen, wieso es hier so viele illegale Einwanderer gibt.
Man wird in vielen Sachen zufriedener und hinterfragt sich, ob man dies oder jenes wirklich braucht. Wir haben in den letzten zwölf Monaten gelernt, bescheidener und demütiger zu sein mit dem was wir haben.

Ein weiterer Aspekt, den wir hier sehr zu schätzen gelernt haben, ist das dauerhaft schöne Wetter. Mit California haben wir uns schon den richtigen Teil der USA ausgesucht. In einem Jahr hatten wir so oft Regen, dass sogar zwei Hände reichen, um es abzuzählen. Manche Pflanze und andere Lebewesen hoffen auf mehr Regen. Die Dürre bringt auch Waldbrände und Buschfeuer mit sich. Daher wünschen wir uns alle hier ein bisschen mehr Regen. Man lernt damit auch, Trinkwasser einzusparen.

Alles in allem leben wir bewusster und nehmen nicht mehr alles so selbstverständlich hin. Rein menschlich gesehen, haben wir in diesem Jahr sehr viel dazugelernt. Vielen Dank, dass wir diesen Traum verwirklichen konnten. Und er geht weiter. Auf das nächste Jahr.

Song of the day: Dooley Wilson - As time goes by

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